Vergessene Opfer

Die Gesamtzahl der Todesopfer der US-Luftangriffe wird nie bekannt werden, aber es gab auch Opfer, die nicht durch die Angriffe selbst ums Leben kamen


The Guardian, 20. Mai 2002
Jonathan Steele in Herat
Wer hat Asaq Mohammed getötet? Sein Onkel sah ihn sterben. Kurz nachdem die Vereinigten Staaten im letzten Herbst mit der Bombardierung Afghanistans begonnen hatten, floh der kleine, fast zweijährige Junge auf dem Rücken eines Esels mit seinen Eltern und anderen Familienmitgliedern.

Vier Tagen lang zogen sie auf schneebedeckten Pfaden durch das Gebirge. Nachts hatten sie als einzigen Schutz gegen die Kaelte nur ein paar Decken. Zelte hatten sie nicht.

Nach drei Jahren der Trockenheit waren schon alle vom Hunger geschwaecht, bevor sie sich von ihrem Dorf Ghorambay im Westen Afghanistans auf die Reise machten. Für die Schwächsten unter ihnen war der lange Treck zu viel. Als sie erschöpft in der Stadt Owbeh ankamen, hatten Asaq und sein sechs Monate alter Bruder Abdul Rahman keine Kraft mehr, um sich zu erholen. Ihre kleinen Kinderleben gingen zuende.

Seyd Mohammed glaubt, dass seine beiden Neffen noch leben könnten, wenn sie nicht hätten fliehen müssen. "Wir hatten Hoffnung, dass sie nicht sterben würden, wenn wir hier geblieben wären", sagt er traurig, als er vor seinem Haus steht.

Als die Bombardierungen zuende waren, kehrten die Bewohner von Ghorambay zurück, um die Scherben ihres Lebens aufzusammeln. Wie jedes Haus in der kleinen Siedlung neben der Hauptstrasse, so ist auch das Dach von Mohammeds Haus aus Gras, das auf einem leichten Rahmen verteilt ist.

Als die Hungersnot schlimmer wurde, brauchten die Menschen so dringend Geld für Essen, dass sie die hölzernen Dachstühle abbauten und in der nächsten Stadt verkauften. Als nächstes waren die Fensterrahmen dran. Nun sieht Seyd Mohammeds Haus wie ein Gefängnis aus, mit Reihen kleiner Zweige in den Fenstern, die an Gitterstäbe erinnern.

Der Tod seiner Neffen kann der Dürre, der Armut, der Kälte, den Taliban oder den Amerikanern zugeschrieben werden, oder mehreren, bzw. allen diesen Faktoren, aber es ist nicht einfach, dies abzuwägen. Trotzdem ist es relevant bei jedwelchem Versuch, die Anzahl der Todesopfer zu bestimmen, die durch die Luftangriffe der USA auf Afghanistan zu beklagen sind.

Die direkten Opfer der amerikanischen Bomben und Raketen haben in Politik und Medien viel Beachtung gefunden, obwohl niemand genau weiß, um wieviele Opfer es sich genau handelt.

In einem Bericht in der Zeitung "Guardian" im Februar wurde die Zahl dieser Opfer auf zwischen 1300 und 8000 Tote geschätzt. Eine Untersuchung des "Guardian" bezüglich der "indirekten Opfer" bestätigt nun Befürchtungen vieler Hilfsorganisationen, dass diese Zahl diejenige der "direkten Opfer" sogar noch übersteigt.

Bis zu 20 000 Afghanen haben ihr Leben durch die indirekten Konsequenzen der US-Eingriffe verloren. Sie müssen ebenfalls in die Zahl der Todesopfer eingeschlossen werden.

Die Bombardierungen hatten drei hauptsächliche Auswirkungen auf die humanitäre Lage. Sie verursachten massive Abwanderungen, weil Hunderttausende Afghanen aus ihren Häusern fliehen mussten. Sie stoppten alle Luftversorgung von Opfern der Dürre, deren Leben von den Hilfslieferungen abhing. Sie verursachten einen Anstieg der Kämpfe und verwandelte eine militärisch stabile Lage in eine chaotische, fließende Situation, wodurch noch mehr Menschen fliehen mussten.

Diese Opfer genau zu zählen ist unmöglich. Als Moslems begraben die Afghanen ihre Toten innerhalb von 24 Stunden und die Gräber derer, die auf der Flucht in den Bergen starben, sind nur deren nächsten Angehörigen bekannt.

Niemand hat Zeit, die Überlebenden zu befragen oder ihre Berichte zu prüfen. Die einzige Art, eine Schätzung durchzuführen ist durch Hochrechnung und intelligentes Raten.

Erstens, Vertreibung. Fast eine Viertelmillion Afghanen flohen nach dem 11. September, als klar wurde, dass die USA angreifen würden, nach Pakistan und in den Irak. Das war nicht einfach, es mussten Schmuggler bezahlt und Grenzposten bestochen werden. Beide Staaten hatten ihre Grenzen zu Afghanistan abgeriegelt.

Trotz dieser Restriktionen hat die UN Flüchtlingshilfe UNHCR geschätzt, dass bis Dezember rund 160 000 Afghanen von Afghanistan nach Pakistan gekommen waren, oft heimlich und in kleinen Gruppen. Es ist schwieriger, die Anzahl derjenigen zu schätzen, welche die iranische Grenze erreichten, aber iranische Sprecher, die vom Guardian in Zahedan im Süd-Ost-Iran interviewt wurden, sprachen von 60.000 Afghanen, die wahrend des ersten Monats nach Beginn der Bombardierungen die Grenze überquert hätten. Weitere 9000 verblieben in Lagern auf der afghanischen Seite der Grenze.

In beiden Fällen bekamen diese Flüchtlinge vernünftige Hilfe, als sie angekommen waren, entweder in bereits etablierten Flüchtlings- oder Immigranten-Gemeinschaften oder in offiziellen Lagern. Das Problem war die Reise dorthin. Eine unbekannte Anzahl Menschen starb auf dem Weg. Flüchtlinge, welche die Grenze überqueren wollten, waren meistens bessergestellte Menschen, die wussten, dass sie dafür zahlen müssen und welche die Mittel dazu mitgebracht hatten.

Diejenigen, die innerhalb Afghanistans fliehen mussten, hatten andere Probleme. Alan Kresko, Zweiter Sekretär des US State Departments Büro für Auswanderung, Bevölkerung und Flüchtlinge, schätzt dass 150.000 Menschen vertrieben wurden. Andere schätzen diese Zahl sogar noch höher ein.

Die UNHCR schätzte, dass vor dem 11. September 900.000 Menschen bereits innerhalb Afghanistans vertrieben worden waren. Im März waren immer noch über eine Million Menschen vertrieben. Wenn man diejenigen abzieht, die nach Hause zurückgekehrt sind, um den Frühlingsregen auszunutzen (für die Landwirtschaft) , dann sind es immer noch über 200.000 Menschen, wahrscheinlich sogar mehr, die nach dem 11. September aus ihrer Heimat geflohen, aber innerhalb Afghanistans verblieben sind.

Diejenigen dieser innerhalb des Lande Vertriebenen, die das meiste Glück hatten, zogen zu Verwandten in der Nähe ihrer Heimat. So ging es vielen Menschen in der westlichen Stadt Herat, die in Dörfer geflüchtet waren, die nur ein paar Kilometer entfernt lagen.

Dort hatten sie weiterhin Unterkunft und zu essen. Für diese Menschen war das Hauptproblem das Trauma.

"Die Bombardierungen waren schlimm. Meist wurden militärische Einrichtungen getroffen, aber die Wucht der Explosionen war so stark. Für Kinder und Leute mit Herzproblemen war es besonders schlimm. Meine Kinder rannten immer zu mir, ich konnte ihre kleinen Herzen pochen fühlen, wie kleine Vögel in meiner Hand waren sie", sagte Gholam Rassoul, ein Fahrer in Herat.

Die am meisten gefährdete Gruppe waren diejenigen, die in Gegenden zogen, wo es Hunger und Kälte gab, sie waren in größerer Gefahr, als sie es zuhause gewesen wären.

Kate Steraman, Leiterin der Kommunikation der britischen Abteilung von Care International, sagt: Nach dem 11. September herrschte in Afghanistan Panik. Die Lebensmittelpreise stiegen drastisch und Menschenmassen flohen aus den Städten. Die Bombardierungen und eine Situation, in der die Sicherheit verschwand, das bedeutete, dass es große Bewegungen von Menschenmassen gab, die nirgendwo erfasst wurden. Zwar kamen nicht, wie erwartet, eine Million Flüchtlinge nach Pakistan, was beunruhigend war, denn es wies darauf hin, dass viele Menschen in Afghanistan festsaßen, mit unbekanntem Schicksal."

In Qala-i-Nau, der Hauptstadt von Badghis, einer der von der Dürre am schwersten betroffenen drei Provinzen, wurden durch die US-Bombardierungen Hunderte gezwungen, aus der Stadt in Dörfer zu flüchten, wo die Menschen mehr Hunger litten als in der Stadt.

Die Dorfbewohner hatten keine Chance, die Neuangekommenen zu ernähren, berichtete Faisal Danesh, ein Mitarbeiter der Wohltätigkeitsorganisation World Vision, dem "Guardian". Die Bombardierungen unterbrachen die Hilfsgüterlieferungen aus der Luft, veranlassten Mitarbeiter der Hilfsorganisationen, die Gegend zu verlassen, und hinderten afghanische Mitarbeiter daran, medizinische Hilfe in den Flüchtlingslagern zu leisten, dadurch wurde das Elend der Flüchtlinge vergrößert.

"Zwei Wochen lang konnten die afghanischen Gesundheits-Instruktoren wegen der Bombardierungen nicht ins Lager reisen. Wir mussten viel früher als geplant abreisen" sagt Dr David Hercot von "Medecins du Monde", die im großen Lager Maslakh bei Herat arbeitet.

Keiner weiß genau, wie viel Hilfe durch die Unterbrechungen der Bombardierungen verhindert wurde. Im Oktober, so wurde geschätzt, gingen die nationalen Auslieferungen im Lande um 40 % zurück.

Der Hauptlieferant für Lebensmittelspenden, Worlds Food Programme, verdoppelte seine Anstrengungen. Als die Sicherheitssituation sich verbesserte, erklärten sich die Lastwagenfahrer einverstanden, im November und Dezember Hilfsgüterlieferungen nach Afghanistan wieder aufzunehmen. Es blieb aber weiterhin schwierig, Lager und Dörfer zu versorgen.

Vor dem 11 September ging es Afghanistan schon schlecht, und für drei Monate mussten wir die Lieferungen einstellen. Oder, um es schärfer auszudrücken: Vor dem 11. September hatte Afghanistan eine der höchsten Kindersterblichkeitsraten in der Welt und eine der niedrigsten Lebenserwartungen. "Durch die dreimonatige Unterbrechung der internationalen Hilfsgüterlieferungen wurde alles nur noch schlimmer" sagt ein Menschenrechtsforscher. "Von Mitte September bis Mitte Dezember", so fügt er hinzu, "kann man sagen, dass in Gegenden, in denen es sowieso schon viele Todesfälle wegen Unterernährung und Kälte gab, die Todeszahlen anstiegen." Zu solche Plätzen zählen auch Zentral-, Nord- und Westafghanistan.

"Wozu diese Anstiege führten, kann keiner sagen, aber es ist Tatsache, dass die Todesfälle anstiegen, das wird auch nicht bestritten".

Die dritte Auswirkung der Bombardierungen war die Erhöhung der Instabilität durch die Provokation der Taliban. Bis zum 11. September war der afghanische Buergerkrieg fast drei Jahre verlässlich gewesen. Außer in Teilen der Mittelregion in der Nähe von Bamiyan hatten sich die Fronten nicht wesentlich verschoben. Die Hilfen für die von Dürre betroffenen Regionen gelangte ohne größere Problemein die Taliban- und Nordallianzen-regierten Teile des Landes. Es herrschte Mangel, aber nur, weil die westlichen Regierungen nicht auf UN-Aufrufe für Hilfe für Afghanistan reagiert hatten. Die Hilfe, die gegeben wurde, kam durch.

Für die ländliche Bevölkerung Afghanistans war es unwesentlich, dass die meisten großen Städte durch die Taliban kontrolliert wurden. Sie haben die Pashtunen-Fundamentalisten kaum je zu Gesicht bekommen. Im Dorf Kondilan in Tadschikistan im von Dürre heimgesuchten Badghis trugen die ländlichen Frauen zum Beispiel keine Burqa. Das war in der Gegend nicht üblich und die Taliban tauchten nie auf, um es zu erzwingen. Auch hatte das Verbot der Taliban, Mädchen zu unterrichten, keine Auswirkungen. "Wir haben seit 25 keinerlei Schule", sagt Mirza Behbut, ein dort ansässiger Bauer.

Die Eingriffe der US beendeten ein militärische und politisches Gleichgewicht. Weil sie, wahrend die amerikanischen Flugzeuge ihre eigenen Versorgungslinien angriffen, keine Versorgung mit Lebensmitteln bekamen, begannen die Taliban, die Hilfsgüter zu rauben, die für die Opfer der Dürrekatastrophe bestimmt war.

"Vor dem September haben die Taliban nicht geplündert. Sie bekamen Hilfe aus Pakistan und aus einigen arabischen Ländern. Nach dem September hatten sie Schwierigkeiten mit der Versorgung ihrer eigenen Leute" sagt Faisal Danesh von World Vision. "Es war schon ein Schlag, als die Ausländer gegangen sind. Wenn die geblieben wären, hätten wir jetzt nicht so eine große Krise".

Damals hatte World Vision keine Niederlassung in Qala-i-Nau, aber Herr Danesh sagt, dass den Organisationen des Norwegischen Volkes und des Dänische Komitee zur Hilfe der afghanischen Flüchtlinge, die vor den Bombardierungen Haupt-Hilfsgüterlieferanten in der Gegend waren, Saatgut und Getreide von Taliban-Milizen gestohlen wurde.

Der Beginn der Bombardierungen führte zu politischen Spannungen, die gefährlich wurden. Im Dorf Ghorambay, wo Seyd Mohammed mit seinen kleinen Neffen wohnte, erschienen Mujaheddin und verteilten Waffen und drängten die Dorfbewohner, auf vorüberfahrende Taliban-Konvois zu schießen.

Nachdem die Taliban durch Informanten einen Tipp erhalten hatten, durchsuchten sie das Dorf nach Waffen. Sie fanden nichts, aber sie nahmen fünf Dorfbewohner mit, um sie zu foltern. Die Dorfbewohner, die befürchteten, dass die gefangenen Männer aussagen würden (was sie taten), flüchteten in die Berge und dadurch kam der Treck zustande, auf dem diese beiden kleinen Kinder starben.

Am besten kann man die Zahlen der Toten durch die indirekten Folgen der Bombardierungen Amerikas einschätzen, indem man sich die Todeszahlen der Vertriebenen ­ Lager ansieht. The Guardian hat mehrere Tage in West-Afghanistan verbracht, welches das Zentrum der von der Trockenheit betroffenen Region ist.

In Herat zeigten die Du-Monde-Aerzte dem Guardian genaue Aufzeichnungen aus dem Lager Maslakh, mit Leuten, neben deren Name die Todesursache verzeichnet war. Diese Daten wurden von 15 afghanischen Gesundheitsinspektoren aufgenommen, die regelmäßig diese Lager besuchten, um die medizinischen Verhältnisse dort zu überprüfen. Jeder Gesundheitsinspektor konzentriert sich auf einen kleinen Bereich dieses großen Lagers. Einige sind Frauen, damit das Vertrauen der weiblichen Lagerbewohner gewonnen werden kann.

Medicins du Monde fanden heraus, dass im Lager Maslakh monatlich durchschnittlich 145 Menschen starben, zwischen September und Dezember 2001, fast doppelt soviel wie die 70 Toten im Februar davor, das ist ein klares Zeichen dafür, dass sich während der Bombardierungszeit die Situation verschlechterte.

Die Zahl der 580 Toten zwischen September und Dezember wurden in den zwei Hauptgebieten des Lagers aufgenommen. Dort gab es eine geschätzte Bevölkerung von 80.000. (Eine Untersuchung im Februar dieses Jahres ergab, dass frühere Einwohnerzahlen des Lagers von 350.00 übertrieben waren). Das bedeutet eine Todeszahl, es bedeutet, dass von 1000 Menschen im Lager jeden Monat 1.8 Menschen sterben.

"Wir hatten keine Lehrer und Ausbilder in Maslakh Three, in der Gegend, wo nach dem 11. September Neuankömmlinge eintrafen. Sie haben in Zelten gewohnt, nicht in gemauerten Unterkünften. Wir denken, bei ihnen liegt die Todesrate noch höher", sagt Dr. David Hercot dem Guardian.

In den drei Vertriebenen-Lagern in anderen Teilen Afghanistans waren die Todesraten noch höher als in Maslakh, obwohl die Statistiken weniger streng ausgeführt scheinen (siehe Grafik). In Dehadi, südlich von Mazar-i-Sharif, wohin 15.0000 Menschen flohen, starben zwischen dem 11. September, als die Hilfsgüterlieferungen aufhörten, und dem 11. Januar, 250 Menschen, berichtet Stephan Goetghebuer von Ärzte ohne Grenzen der Zeitung Time Asia. Das ist eine Todesrate von 4 zu 1000 per Monat.

In den Lagern Baghe Sherkat und Amirabad in der Nähe von Kunduz berichtet die Weltgesundheitsorganisation , dass 164 Menschen von 25.000 Vertriebenen an Hunger, Kälte oder an Krankheiten gestorben sind, und zwar innerhalb einer Zeitspanne von ungefähr zwei Monaten. Das ist eine Rate von 3 per 1000 Menschen per Monat.

Im Lager Dasht-e-Arzana außerhalb von Mazar-I-Sharif war die Todesrate niedriger. Offizielle Stellen teilten Lynne O’Donnell von der Zeitung The Australian mit, dass die Menschen Anfang Dezember eine Todesrate von 1.15 per 1000 hatten, bei einer Bevölkerung von 21.000. Im Lager Nasaji in der Provinz Balkh gab es 14500 Vertriebene, es starben in diesem Monat 19 Menschen an Unterernährung und Kälte im November, eine Rate von 1.3 auf 1000 Menschen.

Wenn man die unterschiedlichen Dimensionen der Lager in Betracht zieht, dann ist die durchschnittliche Todesrate 2 per 1000 Menschen per Monat. In den Lagern, auf die diese Zahlen sich beziehen, befanden sich ungefähr drei Viertel aller 200.000 in Lagern befindlichen Vertriebenen.

Wenn man dies extrapoliert, dann kommt man auf eine durchschnittliche Todesrate von 400 Menschen per Monat in den Lagern, oder auf 1600 Tote von September bis Dezember. Es ist schwierig zu beurteilen, ob es bei der einen Million Vertriebenen außerhalb der Lager ähnliche Todeszahlen gab. Falls ja, dann würde sich die Anzahl der Todesfälle zwischen September und Dezember letzten Jahres auf 8000 Menschen erhöhen.


a woman victim of Taliban and the US strikes

Ein afghanischer Mann hält den Kopf eines Kindes, das zusammen mit 11 anderen Zivilisten während der US-Luftangriffe auf Kabul am 28. Oktober 2001 starb; Zeugen berichten, dass ein Mann und eine sieben Kinder getötet wurden, als ihr Haus von einer bombe getroffen wurde. (Foto: AP)
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Das Projekt für Verteidigungsalternativen des Commonwealth Instituts, Massachusetts, betrachtet die US-Intervention mit kritischem Blick. Carl Conetta, der Direktor des Instituts, versuchte im Januar erstmalig, die Menschenopfer der Interventionen zu berechnen, und er führte an, dass die Million Vertriebene außerhalb der Lager in großer Gefahr seien.

"Der schlimmste Fall sind die 2000 Familien, die in den zentralen Gebirgen waren, wo es Todesraten von 7.5 Menschen per 1000 Menschen im Monat gab", schrieb er in einem Report , der auf www.comw.org einzusehen ist.

Der beste Fall wären die Menschen, die vom Guardian in der Nähe von Herat interviewt wurden, die in niedriggelegene Dörfer in der Nähe flohen. Neben den Flüchtlingen und den vertriebenen Familien blieben 5 Millionen sehr arme afghanische Menschen während der Bombardierungen in ihrer Heimat, aber ihre Dürre- Hilfsgüterlieferungen wurden unterbrochen.

Wenn man annimmt, dass die Todesraten für diese 5 Millionen Menschen dieselben wären wie in den Vertriebenen-Lagern, dann würde man auf eine Zahl von zusätzlichen 40.000 Toten zwischen September und Dezember kommen.

Dies ist eine Annahme der höchstmöglichen Zahl. Wenn man diese Zahl zu den 1600 geschätzten Toten in den Lagern und den 8000 Toten Vertriebenen außerhalb der Lager addiert, dann wäre die Hoechstzahl 49.600 Tote. Herr Conetta kam zu der priliminaeren Schlussfolgerung, dass die Zahl der indirekten Todesopfer wahrscheinlich nicht über 20.000 liegt, hauptsächlich, weil es nicht genügend spezifische Berichte oder Beweise gibt.

Wie viele der Todesfälle nach dem 11. September wären ohnehin eingetreten, sogar ohne Bombardierungen, wenn man davon ausgeht, dass so viele Afghanen von der Trockenheit geschwächt waren?

Alles was man sagen kann ist, dass die Bombardierungen im Oktober eine Reduzierung der Hilfsgüterlieferungen nach Afghanistan um 40% verursacht haben. Obwohl die Hilfsgüterlieferungen danach wieder stark anstiegen, war die Verteilung der Hilfsgüter innerhalb des Landes viel schwieriger als vor den Bombardierungen.

Wenn man 40 % als Ausgangszahl nimmt, dann kann man folgern, dass die US-Intervention ungefähr 40% der angenommenen Todesfälle verursacht haben. Das wären 19.840 Menschen.

Sogar wenn man diese geschätzte Zahl auf 20% halbiert, sind "indirekt" ungefähr 10.000 Menschen an der US-Intervention gestorben. Die Schätzungen gehen sehr stark auseinander, aber die Zahl der "indirekten" Opfer liegt sehr viel höher als die Zahl derjenigen, die direkt bei Bombardierungen ums Leben kamen.

Niemand wird jemals die genaue Zahl kennen, und während die Zeit vergeht, werden die Chancen auf eine noch genauere Schätzung der Anzahl der Todesopfer immer geringer.

Die namenlosen Gräber in den Bergen Afghanistans, in den Wüsten, und den abgelegenen Ecken der Vertriebenenlager, werden langsam in Vergessenheit geraten.

j.steele@guardian.co.uk




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